Europa

Europa entdemokratisiert sich

Politikwissenschaftler Prof. Dr. Philip Manow (Universität Siegen). Für ihn hat der Aufstieg des Populismus in Europa verschiedene Ursachen. Seiner Meinung nach wird zu wenig über den liberalen Overstrech der 1990er-Jahre diskutiert. Im Taumel des überwundenen Ost-West-Konflikts und des Siegs des westlichen Modells vollzog sich eine ungeheure Konstitutionalisierung der Politik. In einem Interview mit dem Philosophie-Magazin (4/2024) sagte er u. a.:


„Verfassungsgerichte erhielten weltweit weitreichende Entscheidungsbefugnisse und mischten sich zum Teil äußerst aktivistisch in die Politik ein. In Europa kam es zu einer nochmals enormen Intensivierung der europäischen der europäischen Integration – Maastricht, Euro, Schengen, Dublin. Und die Europäischen Verträge wurden zunehmend vom Europäischen Gerichtshof ausgelegt, also auch hier noch einmal ein enormer Konstitutionalisierungsschub, der über das integrierte Rechtssystem der EU tief in die einzelnen Länder eingreift. So wurden viele Bereiche demokratischer Politik entzogen und vor allem ins Rechtssystem verlegt. Damit schrumpfte unweigerlich der Bereich des parlamentarisch Bestimmbaren. Der Konstitutionalisierungsschub der 1990er-Jahre erzeugte später Probleme, die er nicht lösen konnte…“


Auf die Einlassung: „Liberale und Populisten treiben sich also gegenseitig an. Auch mit Blick auf Europas Souveränitätsproblem befürworten viele eine Flucht nach vorn, hin zu mehr EU, die den Nationalstaat ersetzen soll“, antwortete er:


„Das wäre in meinen Augen eine weitere Entdemokratisierung, denn Europa hat ja ein offenkundiges Demokratieproblem… Die Nationalstaaten sind demokratisch legitimiert. Europa hingegen nur auf eine höchst indirekte Weise. Auch das ist eine Isolierung gegenüber möglicherweise volatilen demokratischen Mehrheiten. Entscheidungen fallen durch Absprachen zwischen Regierungen, die Europäische Kommission kann man weder wählen noch abwählen. Das Europaparlament wird nicht zuletzt den Protest, der sich dagegen richtet, zunehmend zu einem populistischen Gegenpol.“


Auf die Frage, wie sich die Formkrise der Demokratie überwinden lässt, antwortete Prof. Dr. Manow:


„Auf jeden Fall nicht durch immer mehr Konstitutionalisierungsschritte, die jetzt als Antwort auf den Populismus dargestellt werden, ohne das man gewahr wird, dass der Populismus als eine Reaktion auf die starke Konstitutionalisierung der Demokratie zu verstehen ist. Man muss aufhören zu entparlamentarisieren und zu entpolitisieren, stattdessen die Demokratie repolitisieren. Man muss den Gerichten weniger Spielraum geben und den Parlamenten mehr. Man muss Europa weniger Spielraum geben und den Parlamenten mehr. Die Leute müssen wieder stärker das Gefühl haben, dass kollektive Selbstregierung kein leeres Versprechen ist, während Entscheidungen an anderer Stelle getroffen werden. Die Diskrepanz zwischen demokratischem Versprechen und der Praxis darf nicht weiter wachsen, sie muss reduziert werden…“


Seine Worte in Gottes Gehörgang. Ich habe große Zweifel, dass sich an dieser Situation etwas verändert, solange die Bürger schweigen. Viele von ihnen, weil sie mit Europa nicht "viel am Hut haben". Andere, weil sie einfach nicht wissen, wie stark die EU inzwischen in ihr Leben eingreift. Wenn wir dieser Entwicklung nichts entgegenstellen, dann droht uns bald die Entmachung und Enteignung. Fakt ist leider, dass es den EU-Parlamentariern egal sein kann, wie viele Menschen wählen gehen. Das Parlament wird nach Stimmen besetzt und nicht nach der Höhe der Wahlbeteiligung. Diese lag bei der letzten Europawahl 2024 bei nur noch 51,4 Prozent. Jeder zweite Europäer innerhalb der EU (wahlberechtigt waren 370 Millionen) machte von seinem Stimmrecht nicht gebrauch. Das sind 175 Millionen Menschen, die "kein Bock auf Europa" haben. Angesichts der Entdemokratisierung verständlich. Sie zu ignorieren ist somit das dümmste was einem Parlamentarier einfallen könnte. Wenn jeder zweite Bürger zu Hause bleibt, lässt das tief, sehr tief blicken. Damit dieser stille Protest nicht vergessen wird und für jeden sichtbar ist, schlage ich vor, die rund 750 Sitze im EU-Parlament, die tatsächlich hin und wieder besetzt sind (häufig, wenn es ums eigene Geld geht), um 750 Sitze zu erweitern. Das gäbe ein Bild ab, was für die EU schlimmer nicht sein könnte und somit eine Katastrophe wäre, wenn die Welt sehen würde, dass jeder zweite Sitz für einen Nichtwähler steht.

Im Wahlkampf können die Parteien sich gar nicht genug beweihräuchern. Die Straßen werden vollgestopft mit Plakaten, die einem das Blaue vom Himmel versprechen.

Wenn es aber darum geht, den Menschen die Wahrheit über politische Absichten und damit verbundene Entscheidungen zu sagen, breiten sie alle den Mantel des Schweigens aus. Augen zu und durch ist ihr Motto. Wer´s nicht glaubt, der sollte sich an das erinnern, was Jean-Claude Juncker, einst EU-Kommissionspräsident sagte:


„Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter - Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“


Bisher hat diese perfide Machenschaften funktioniert. Keine noch so dämlich wie kostspielige Entscheidung konnten Deutschland und Europa etwas anhaben, weil die Produktivität stimmte. Was aus dem Ruder lief, wurde mit viel Geld aus den Kassen der EU und den Nationalstaaten beglichen. Geld, so schien es, sprudelte wie Öl aus dem Boden. Diese Zeiten sind vorbei. Die Babyboomer gehen in Rente. In Deutschland werden es mehrere Millionen Stellen sein, die aufgrund der schwachen Geburtenraten nicht neu besetzt werden können. Deutschland wird zudem das Land mit der ältesten Bevölkerung weltweit sein. Damit fällt es als Wirtschaftslokomotive in der EU aus. Diese Entwicklung ist für die EU dramatisch, da ihr das Geld ausgehen wird. Alles nur eine Frage der Zeit. Es müssen neue Einnahmequellen erschlossen werden, weil die EU und Deutschland im Besonderen ihre Bonität einbüßt, was die Aufnahme neuer Kredite deutlich erschweren wird. Was also liegt näher, als sich über das Vermögen der Bevölkerung herzumachen. Auch wenn man uns tausend Mal und mehr erklärt, alle monetären Gesetze dienen einzig der Kriminalitätsbekämpfung, wird aus dieser Lüge keine Wahrheit. Die Wahrheit ist:


Man will Ihr Geld.


Damit der Zugriff gelingt, brauchte es die beschriebene Konstitutionalisierung des EU-Staatenbundes mit einem eigenen Gerichtshof, der natürlich Urteile im Sinne der Supranation sprechen muss. Nationalstaaten bleiben außen vor, wie u. a. die EZB-Eurobond-Urteile mehr als eindeutig gezeigt haben. Das ist nichts anderes als eine Entdemokratisierung zum Vorteil der EU. Deshalb sind die neuen Gesetze, die die EU jetzt auf den Weg gebracht hat, so gefährlich für uns Bürger:


  • EU-Vermögensregister (wichtig, um einen Lastenausgleich einführen zu können)
  • Digitaler Euro (wichtig, um die volle monetäre Kontrolle über die Bürger zu bekommen)
  • Digital Services Act (wichtig, um die Meinungen zu kontrollieren, um zu einzuschränken oder strafrechtlich zu verfolgen, sobald jemand das Establishment kritisiert)
  • Transaktionsregister (wichtig, um alle Geldbewegungen ab 100.000 Euro im Blick zu haben)


Und was macht der typische Deutsche? Er schweigt, schaut stumm zu, geht seiner Arbeit nach und übt treu und Redlichkeit. Das er dabei um seine Lebensleistung gebracht wird, hat er noch nicht bemerkt.

Veränderungen kommen nicht von gleich auf sofort. Sie sind schleichend und ehe man sich verzieht, ist man mittendrin und es gibt kein zurück. Die Situation ist vergleichbar mit einem Sonnenuntergang.

Die Gefühle haben Schweigepflicht, heißt es in einem Schlager. Wenn man auf die Befindlichkeit der Deutschen schaut, scheint es zu stimmen. Sie werden ausgenommen wie eine Weihnachtsgans und ausgepresst wie eine Zitrone, doch sie schweigen. Entweder aus reiner Verzweiflung oder aber, weil sie nicht wahrhaben wollen, wie eine Regierung nach der Anderen nur ihre eigenen Interessen auf Kosten der Bevölkerung verfolgt, was mit einer Demokratie nicht mehr viel zu tun hat. Zumal der Wähler nur noch als Stimmvieh reduziert wird. Ob der Vielzahl von Parteien kommen nach der Wahl Koalitionen zustande, die kaum jemand auf dem Schirm hatte. Gibt hier die kleinste Partei den Takt vor, dann wird der Wille der Mehrheit mit Füßen getreten. Das inzwischen mehr als 70 Prozent der Bürger mit der Ampelkoalition nicht zufrieden sind, spricht Bände. Dieses desaströse Ergebnis nehmen die Verantwortlichen noch nicht einmal zur Kenntnis. Sie sind in ihrer Bubble gefangen, reagieren aus dem Elfenbeinturm und treffen Entscheidungen, die mit der Lebenswirklichkeit des Volkes kollidieren. Aus Frust über diese Entwicklung wählen die Bürger radikalere Parteien. Doch statt die Signale richtig zu deuten und einen Politikkurs einzusteuern, der die Interessen der Bürger im Fokus hat, verlieren sie in Berlin und Brüssel die Contenance. Sie beschimpfen die Wähler, die Schmeißfliegen und Rattenfängern auf den Leim geht. Mehr Verachtung gegenüber dem Souverän lässt sich nicht ausdrücken. Es ist an der Zeit, dass wir den Verantwortlichen klar machen, wer Chef im Ring ist. Nicht die Gewählten sind es, sondern die Wähler. Diese erwarten, das zum Wohle aller regiert wird. Ideologie, Fatalismus und wirtschaftsfeindliche Entscheidungen haben im Bundestag nichts zu suchen. Wir erinnern uns, was Juncker sagte:


"Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände … dann machen wir weiter - Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“


Mit anderen Worten: Wenn wir nicht schreien, werden wir ausgenommen wir entrechtet, um unsere Freiheit, unseren Wohlstand und um unsere Lebensleistung gebracht." Wir dürfen nicht länger tatenlos zusehen und die Hände in den Schoß legen. Wir müssen uns buchstäblich auf die Socken machen. Jetzt!

Dr. Sebastian Haffner (1907-1999) war Jurist, Journalist und Publizist. 1967 stelle er fest:


"Nominell leben wir in einer Demokratie. Das heißt: Das Volk regiert sich selbst. Tatsächlich hat, wie jeder weiß, das Volk nicht den geringsten Einfluss auf die Regierung, weder in der großen Politik, noch auch nur in solchen administrativen Alltagsfragen wie Mehrwertsteuer und Fahrpreiserhöhungen […] Das entmachtete Volk hat seine Entmachtung nicht nur hingenommen – es hat sie geradezu liebgewonnen..."


Dr. Heinz Düx (1924-2017) war deutscher Rechtswissenschaftler, Anwalt, Richter und Publizist. Zeitlebens beschäftigte er sich mit der juristischen Aufarbeitung der Verbrechen des deutschen Faschismus. Als Untersuchungsrichter im Frankfurter Auschwitzprozess trug er maßgeblich zum Paradigmenwechsel der bundesdeutschen Nachkriegsjustiz bei der strafrechtlichen Aufarbeitung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft bei. 2003 schrieb Dr. Düx in der „Zeitschrift für Rechtspolitik“:


„Seit fast 25 Jahren findet in Deutschland ein systematischer Zersetzungsprozess verfassungsrechtlich garantierter Freiheitsrechte statt, gegen die die Notstandsgesetze am Ende der 60er-Jahre als harmlos angesehen werden müssen...

Die EU und damit auch die EZB haben sich von ihrer Gründungsidee verabschiedet. Nun haben wir es mit Tyrannen zu tun, die eine nie gekannte Perversion einer würdelosen Bevormundung an den Tag legen. Das hat dazu geführt, dass die Eurokraten fürstlich entlohnt werden und wie die Made im Speck ihr Dasein fristen, welches wir ihnen als EU-Bürger finanzieren. Wir dagegen haben auf Sparflamme zu leben und den Mund zu halten - bis zur nächsten Wahl. Dann werden wir gebraucht - alle nützliches Stimmvieh. Nicht mehr und nicht weniger. Bis dahin dürfen wir uns bestenfalls mit den Brosamen unserer kümmerlichen Existenz zufriedengeben.


Diese Entwicklung aus Brüssel hat dazu geführt, dass jegliches bürgerliches Engagement im Keim erstickt wird, eigene Meinungen stigmatisiert werden und kritische Anmerkungen von Bürgern als Angriff auf die EU gewertet werden. Dabei hat sie schon längst ihr Mandat überschritten. Eine noch nie dagewesene Anzahl von Vorschriften, Gesetzen und gefängnisartige Normen, überzogene Vorsichtsmaßnahmen und kindische Anordnungen, wie wir uns zu verhalten haben, stehen für diese Union. “Die Würde des Menschen ist unantastbar” sagt das Grundgesetz. Diese Würde aber wird uns von der EU abgesprochen. Nicht von uns gewählte Parlamentarier maßen sich an, uns immer mehr vorzuschreiben, wie wir zu leben haben. Sie treffen Entscheidungen, die weltfremder nicht sein könnten. Was auch immer in Brüssel (EU), Berlin (Bundestag) und Frankfurt (EZB) entschieden wird, es kostet unser Geld. Wer sich wehrt, wird als Rechtspopulist denunziert sowie mithilfe des digitalen Euros eines Tages sogar entmündigt, und damit um seine monetäre Eigenständigkeit gebracht. Diese Situation wirft eine Frage auf:


Warum hasst die Ampelregierung den rechtschaffenden steuer-zahlenden Bürger, während sie Leistungsverweigerer hofiert?


Das Establishment steht der Kirche in nichts nach, wenn es darum geht, uns Bürgern ein schlechtes Gewissen einzureden. Im “allgemeinen Schuldbekenntnis“ der kath. Kirche heißt es: “Meine Sünden trage ich offen vor dich, damit deine Gnade meine Dunkelheit erhellt ... Ich habe gesündigt in Gedanken, Worten und Werken, durch meine Schuld, durch meine Schuld, durch meine große Schuld.“


Merke: Du bist kein schlechter Mensch, nur weil du eine eigene Meinung hast und selbst- statt fremdbestimmt leben willst.


Der Bundeskanzler versprach “You'll never walk alone“ und den Doppelwumms. Doch noch immer zahlen die Leistungsträger, Gott sei´s geklagt, die Zeche, während sie allein den Karren aus den Dreck ziehen. In diesem Land fehlt es an Respekt und Wertschätzung gegenüber den "Unternehmern", die die höchsten Steuern und Abgaben der Welt zahlen, um die Unterlasser zu alimentieren.


Sie als Leistungsträger dieser Gesellschaft schreiben mit Ihrem Einsatz Geschichte und keine Politiker, die nur dann stark sind, wenn sie das Geld anderer Leute ausgeben und damit auch Ihr Geld. Wann also erzählen Sie, welche Geschichte Sie in Ihrem Leben geschrieben haben?


“Eines Tages Baby, werden wir alt sein. Oh Baby, wir werden alt sein und an all die Geschichten denken, die wir hätten erzählen können”,


heißt es in einem Song von Asaf Avidan. Für uns gilt: “Nicht dem Leben mehr Jahre geben, sondern den Jahren mehr Leben!”


"Wer Unrecht, das ihm zugefügt wird, schweigend hinnimmt, macht sich mitschuldig.”

(Mahatma Gandhi)


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